Nein, noch sind wir nicht in Frankreich. Aber wir planen eine Reise nach Gallien schon länger und vielleicht wird es ja was im kommenden Jahr. 1993 haben schon einmal einen Teil der Saône in Burgund befahren. Eine Woche von Gray bis Corre und retour. Das chartern in Frankreich war damals schon recht teuer, heute sind die Preise jenseits von Gut und Böse. Aber wir wollen ja auch gar nicht chartern, wofür haben wir den perfekten Frankreich-Kreuzer? Es stellt sich nur noch die äußerst wichtige Frage: "Wie kommen wir dorthin und wieder zurück?"
Jetzt aber erst einmal zurück in das noch kalte und teilweise blattlose Friesland. Fast 4 Wochen Langsamkeit standen auf der Urlaubsagenda. Es sollte ins schöne Overijssel gehen (immer diese Planungen), doch wir blieben in Friesland und entdeckten doch wieder Neues. Die Monate mit viel Arbeit, Organisation und Verantwortung hinterlassen nun einmal unübersehbare Spuren. Ich bin zwar nicht unbedingt ein Freund von populären Neologismen (hä?), doch "Entschleunigung" ist schon der passende Ausdruck für das, was wir dann eben nicht machen.
Um 14 Uhr starteten wir per PKW nach Drachten und waren nach einem Boxenstopp im "C1000" (Supermarkt) um 17 Uhr im Yachthafen De Drait in Drachten. Wir hatten uns noch nicht ganz eingerichtet, da kam unser Hafenmeister Volker mit einer Bitte zu uns. Ein Boot aus der Charterflotte hatte sich nahe der Einfahrt zum Hafen festgefahren. Ob wir es wohl freischleppen könnten?
Na klar, es war ja keiner der 15 Meter Riesen, sondern "Onkel Toms Hütte", ein "Bungalow-Boot" in Holzbauweise auf einem Doppelrumpf mit Außenborder.

Also Volker an Bord genommen, der sich mit einer stabilen Leine bewaffnet hatte. Der erste Versuch schlug dann fehl, weil ich dusselig gefahren bin und neben dem Havaristen plötzlich selber auf der Sandbank saß. Ich konnte uns aber mithilfe der Bugschraube aus der Situation befreien. Beim zweiten Versuch nahm ich dann auch zur Kenntnis, was der erfahrene Volker sagte. Natürlich muss man in so einem Fall das Schiff von achtern anfahren, denn dort scheint noch genug Wasser unterm Kiel zu sein. Wir hatten zum Glück ja nur einen Tiefgang von irgendwas um die 60cm.
Wir bekamen Onkel Toms Hütte also an die Leine, allerdings konnten sie dann mit eigener Kraft nicht mehr weiterfahren, da sich anscheinend der Propeller vom Außenborder verabschiedet hatte. So schleppten wir sie dann zurück in den Hafen und vernichteten abends gemeinsam das Bergegut.
Am nächsten Morgen tankten wir das Schiff komplett auf, Diesel- und Wassertank fassen je 400 Liter. Schon enorm für unser kleines Kreuzfahrtschiff. Anschließend ging es nach Akkrum, wo allerdings die Brücke zur Meinesloot defekt war, so dass wir wieder in dem kleinen Gemeindehafen festmachten. Sofern man sich dort an den Stromautomaten klemmt, sollte man schon einmal einen Beutel 50 Cent Stücke beiseite legen.

Viel Regen verkürzte zwar unseren Spaziergang aber erhöhte meinen Appetit. Die Bordfrau weiß, wie sie mich bei Laune hält.

Ja, und dann stand natürlich noch ein wichtiges Ereignis auf der Agenda: Am 30. April fiel der "Koninginnedag" mit der "Thronwisseling" zusammen. Da hat sich Eva in Heerenveen erst einmal das passende Outfit organisiert.
Aber zuerst einmal legten wir um 8.30 Uhr ab und da die Brücke zur Meinesloot immer noch gesperrt war, fuhren wir einen kleinen (eine Stunde) Umweg über den Prinses-Margriet Kanaal und steuerten Heerenveen an. Um 11 Uhr erreichten wir den Yachthafen "de Welle", der etwas außerhalb der Stadt liegt. Bei der Einfahrt in den Hafen zeigt ein Schild, wo sich die Passantenplätze befinden, so dass man nicht rumsuchen muss. Ganz nett hier.

Wir machten die Bordfahrräder klar und uns dann auf den Weg nach "Downtown-Heerenveen". Es ist auch möglich, mit dem Schiff (je nach Durchfahrtshöhe) direkt in die Stadt einzufahren und dort anzulegen, aber das erschien uns in Heerenveen nicht sonderlich attraktiv. Ganz abgesehen von der Spezies, die man leider überall auf diesem Planeten trifft: Bunken! (Findet man nicht bei Google und auch nicht im Wörterbuch. Also ein etymologisch unbestimmter Begriff. Bei uns im platten Münsterland weiß jeder, wer gemeint ist.)
Wir schwingen uns auf die Leeze (münsterländisch für Fahrrad) und Eva organisiert das Equipment für die kommende Feier.

Die Generalprobe. In Lemmer wollen wir schließlich gut aussehen.
Heerenveen: die Liegeplätze in der Stadt sehen sehr einladend aus, es ist aber laut.

Auf der "Engelenvaart" bei Heerenveen, die in den "De Tsjonger of Kuunder" mündet. Letztere ist Teil der "Turfroute". Unser Ziel an diesem heutigen Sonntag, den 28.04., war Echtenerbrug.

Während das Münsterland im Dauerregen lag, hatten wir schönsten Sonnenschein. In Echtenerbrug fuhren wir durch die Brücke und legten bei "de Merenpoort" an. Kurze Zeit später war wohl ganz oder halb Echtenerbrug ohne Strom, so dass auch die Brücke nicht mehr funktionierte. Nach ungefähr zwei Stunden gab es dann wieder Energie, bis dahin hatte sich an beiden Seiten der Brücke schon eine beträchtliche Anzahl von Schiffen angesammelt. Und wie das dann häufig so ist, wollen nun alle gleichzeitig durch die Brücke.

Eva hat Logenplatz. Natürlich legen auf unserer Seite trotz Gegenverkehr alle Schiffe gleichzeitig ab. Könnte ja sein, dass der Strom gleich wieder weg ist. Der Sound vieler Bug- und Heckschrauben schallte durch den Ort. Viele Schiffe scheinen mittlerweile keinen Motor mehr zu besitzen (?).

Wir machten noch einen kleinen Spaziergang durch diesen übersichtlichen Ort.
Vorbei an so berühmten Gebäuden wie das "Eetkavee Dikke Tût". Achtung Kopfkino!

Dieses Jahr sind wir doch tatsächlich von einer Crew bei De Drait auf die Pfannen angesprochen worden. Die hatten uns natürlich im Internet entdeckt.

Der Ausblick vom Schiff. Abendstimmung am Tjeukemeer.
Morgen geht es dann nach Lemmer und wir hoffen, einen guten Liegeplatz in der Innenstadt zu bekommen. Ist ja noch Vorsaison.

10.30 Uhr waren wir bereits in Lemmer und lagen fast an der gleichen Stelle wie zwei Jahre zuvor. Zuerst plünderten wir zwei Supermärkte, anschließend versuchte Eva irgendein freies WLAN zu bekommen.

Schon schön hier. Das wissen natürlich auch andere.
Neben den Bügeleisen sehen wir immer ein wenig eingeschrumpft aus. Wir wohnen links an der "Kortestreek".
"Prinzessin Eva" ist dekoriert, auch der Toast zeigt Flagge. Heute ist "Thronwisseling" und N24 überträgt ab 9 Uhr.

Eva hat das Schiff mit einer Wimpelkette und Luftballons gepimpt. Traditionell gibt es an diesem Tag überall in den Niederlanden Flohmärkte, so auch in Lemmer direkt vor dem Boot.

Abends noch einen gemütlichen Spaziergang und dann wieder ab in die Koje. Morgen geht es nach Sloten.

Es wird wärmer. Heute zeigt das Thermometer 16° an. Dieser Teil des Hafens in Sloten ist eigendlich für Motorboote tabu aber wenn man mal nett nachfragt...Aber Vorsicht, hier ist es höchstens einen Meter tief. Für uns der mit Abstand schönste Platz in Sloten. Wir blieben dann auch zwei Tage.

Und es gab wieder die einmalige "Garnelenpfanne Horst". Anschließend noch ein Rundgang durch die zum Teil mittelalterlichen Gemäuer.
Von Sloten haben wir nun auch schon eine umfangreiche Bildersammlung.

Am Dienstag kachelte es wieder ganz ordentlich. Und bei auflandigem Wind hilft beim Ablegen auch die Bugschraube nicht (unbedingt). So konnte ich eine Chartercrew doch noch von ihrem Liegeplatz befreien, in dem wir einfach mal das machten, was in der Fahrschule gelehrt wird. Ruder zum Land, Bumsbeutel dazwischen, Vorwärtsfahrt und das Heck dreht sich raus. Dann natürlich rückwärts raus fahren. Die meinten anfangs wohl, der spinnt! Würde ja auch niemand beim ausparken mit dem PKW erst einmal auf eine Mauer zufahren.

SAT-Empfang auf Friesisch. Ich habe schon eine neue Blondine.
Sloten im Modell. Die Mühle "de Kaai" links im Bild steht heute vorne rechts bei der Kanone.

Bei ruhigem Wetter fuhren wir am Freitag, den 03. Mai das kurze Stück über das Sloter Meer nach Balk, dass wir zuletzt 2005 besucht hatten.

In Balk hat sich auch einiges getan. Neue Liegeplätze mit Strom in der Innenstadt, neue Wohngebiete am Wasser und die Ufer der "Luts" sind neu befestigt worden.

Die Luts fließt durch Balk und dann weiter durch das Gaasterland. An der Einfahrt der Jachthafen "Lutsmond".
Das gelbe Männchen signalisiert "slow". Wir haben es ohnehin nicht eilig.
Balk ist erreicht. Ist doch schön hier!
Na ja, die PKW-Parkplätze nerven schon ein wenig...
Auch schön, die "Kasten-Ente" von Citroën.
Haben wir schon einmal gemacht aber immer wieder schön. Kleine Fahrradtour entlang der Luts.
Landhaus "Kippenburg", also die Hühnerburg.
Das Radwegenetz ist perfekt ausgebaut.
Endlich Frühling! Der ließ dieses Jahr lange auf sich warten. Wir fahren zurück über die kleine Siedlung Harich.
Was assoziiert man mit Holland?
Abends dann noch eine kleine Fahrradtour zum Sloter Meer.

Uns gibt es nun auch in HD! Wenn ich sonst das 4:3 Format auf 16:9 gestellt habe, war ich noch dicker. Eva bleibt derweil im Fahrwasser.

Samstag fuhren wir wiederum nur ein kurzes Stück und steuerten Heeg an.
Hier gingen wir zum ersten Mal "auswärts essen". Es gab geile Fleischpömpel mit Fritten.
Eva überwacht die Hafeneinfahrt.
Hier kann man die Gedanken schweifen lassen.
Heeger Meer/Fluessen.
Zwei Tage blieben wir im Hafen "Heegerwâl". Langsam stiegen auch die Temperaturen.
Wie man sieht, habe ich Konkurrenz bekommen.
Wir sind einfach mal entspannt.
Wem lässt sich welches Frühstück zuordnen? Wir schauen uns heute den kleinen Park von Heeg an.
Komische Leute wohnen hier.
Schaut ja niemand zu. Dann können wir hemmungslos schaukeln.

Bei Eva heißt das "Stühlchensitzen vor dem Boot". Das macht sie gerne und lange. In Friesland hatten wir immer noch Sonnenschein und es wurde auch immer wärmer. Am Montag, den 06. Mai, ging es die paar Meter nach Woudsend.

Im Münsterland drückte man sich immer noch die Frostbeulen aus, hier entledigten wir uns der Kleidungsstücke. Auch in Woudsend blieben wir weitere zwei Tage.

Der obligatorische Spaziergang. Heißt dann auch manchmal "Aktivitätspunkte" sammeln. Wo klebe ich die ein?
Abends kam dann der Regen auch zu uns. Wir fuhren am Mittwoch weiter nach Sneek.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie sich diese großen Pötte durch die Sneeker Innenstadt schälen. Wir hatten vorm Waterport wieder ganztags Hafenkino. Leider gibt es dort nicht mehr das "Skipperland", die sind jetzt nur noch in Lemmer vertreten.

Ich kann es kaum erwarten, "Garnelenpfanne Horst" die Zweite.

So schön die Aussicht auch ist, für die wir 12 € die Nacht bezahlen, so laut ist es aber auch am Wochenende. Übrigens ist das Brückengeld in Nordwest-Friesland abgeschafft worden, dafür sind die Liegegebühren etwas erhöht worden. Entlastet die Brückenwärter und unsere Kleingeldkasse.
Eigentlich bin ich ja kein Meckeronkel, aber was mir so richtig auf die Nüsse geht, sind deutsche Männercrews mit Mietbooten, die sich immer noch benehmen wie die Besatzungsmacht. Die deutsche Flagge über oder neben der niederländischen, Zapfanlage auf dem Achterdeck, kurze Hosen über blasse Kackstelzen mit der Mentalität eines SA-Rollkommandos. Bleibt bitte im Teutonenland oder fahrt nach Mallorza! Oder noch besser, schießt euch in die Umlaufbahn als Weltraummüll. Dann könnt ihr später einmal glänzen als schwarz-rot-goldene Sternschnuppe.

Womit wir wieder beim Frühstück wären...
 

 

Die Küchenschlacht an Bord. Bratkartoffeln mit plattem Tier und mal als Röhre.

Und wieder nette Leute kennen gelernt. In diesem Fall Helga, Adolf und Bordhund Henk. Das heißt, die kannten uns eigentlich schon, wenn auch nur digital. Wir gehen wieder Aktivitätspunkte sammeln.

Die "Eendracht" schiebt sich durch die Brücke. Um die enge Kurve zu meistern, wurde mit einer Vorspring gearbeitet.
Sonntag, den 12. Mai legten wir gemeinsam ab. Sie mussten wieder nach Hause, für uns ging es nach Terherne.
Euch noch eine gute Reise...

Letztes Ziel für diesen Urlaub: Terherne. Da der Wind aus Südwesten doch noch recht kräftig war, fuhren wir direkt in den Ort, an den Anleger von "Het Botenstation". Sonst liegen wir ja gerne am Steiger von "van der Veen" mit Blick auf das "Terhornster Meer".

Ausblick vom Schiff. Rechts die "Kameleon" - Rundfahrtbote und das Café "De Gouden Leeuw".

Auch in Terherne verbrachten wir zwei ruhige Tage. Am zweiten Tag regnete es ohnehin fast ununterbrochen, so kann man sich schön im Mikrokosmos Schiff einkuscheln.

Die Katze im Supermarkt von Terherne hat es sich zwischen den Friesland-Souvenirs bequem gemacht. Auch lekker, chinesische Curry-Huhnpfanne, oder so.
Das war's von unserem beschaulichen Maitörn. Wir haben gefunden, wonach wir gesucht hatten, nämlich Ruhe und Erholung.